D
"hobby" Mokick Salon 1961

 
Als im Frühjahr 1953 mit dem Moped eine völlig neue Fahrzeugkategorie auftauchte, mußten alle die Leute aufatmen, die bis dahin ihr braves Tourenfahrrad mit einem Hilfsmotor "selbstbeweglich" und dabei doch immer wieder schlechte Erfahrungen gemacht hatten.

Die ehemaligen Tretomobile nämlich konnten wohl die menschliche Muskelleistung von 0,2 bis 0,3 PS, nicht aber die etwa fünffache Leistung der sogenannten "Himots" auf Dauer ungestraft verkraften. Von der harmlos gebrochenen Speiche bis zum immer sehr riskanten Vordergabelbruch war damals für den "hilfsmotorisierten" Fahrer alles drin, und so war es schon ein wesentlicher Fortschritt, als sich die deutsche Zweirad - Industrie zum Moped - Sonderfahrzeug durchgerungen hatte. Von zwei Seiten aus wurde diese Entwicklung vorangetrieben. Einmal waren es bekannte Motorradwerke, die dem Radfahrer von oben her entgegenkamen; Sie hatten ihm einen kleinen Motor in ein abgemagertes Leichtmotorrad (allerdings mit dem behördlich vorgeschriebenen Pedalantrieb) ein. Zum andern waren es Fahrradfirmen, die ihre Rahmen stabiler machten, einen Tank mehr oder weniger sinnvoll in die Gesamtkonstruktion einbezogen und sich von irgendwoher auch das Triebwerk (mit maximal 50 ccm Hubraum) besorgten. 

Überaus bedauerlich war es zu diesem Zeitpunkt allerdings, daß dem Moped von offizieller Seite zwar auch die schon recht leistungsfähige 50-ccm-Maschine, aber sonst beileibe nichts motorradmäßiges, und vor allem nur ein Maximalgewicht des betriebsfähigen Fahrzeugs (ohne Werkzeug und Tankinhalt) von 33 Kilogramm und leider nur rein fahrradmäßige Räder zugestanden wurden. 

Das mußte - schon rein gewichtsmäßig - wiederum schiefgehen, und wenn die meisten verantwortungsbewußten Firmen auch nur daran Gewicht sparten, wo erfahrungsgemäß kaum etwas ins Auge gehen konnte, also etwa beim Mittelständer, beim 'Kotgeflügel' und so weiter, dann kamen damals doch hier und da gar zu spinnige Maschinchen heraus, die beispielsweise bei forcierter Bergabfahrt unerwartet schnell ins Vibrieren gerieten und auch von erprobten Fahrern nicht mehr zu halten waren.
Noch kritischer wurde die Geschichte, als einige Firmen den Rennfahrer - Gelüsten der erstmals motorisierten jungen Leute mit sogenannten Sportversionen entgegenkamen. Andere Werke, die von Anfang an der einzig richtigen Auffassung gewesen waren, daß das Moped den letzten Fußgänger und den letzten Radfahrer auf billigste, bequemste und wirtschaftlichste Art motorisieren müsse, und die daher nicht zu spritzige, aber grundsolide Mopedmodelle mit unwahrscheinlich langer Lebensdauer gebaut hatten, mußten den neuen Trend - mindestens mit einem Nebentyp - mitmachen. Sie waren ganz einfach dazu gezwungen, wenn sie absatzmäßig gegenüber der leichtfertigeren Konkurrenz nicht gar zu sehr ins Hintertreffen geraten und ihren Werksangehörigen die Arbeitsplätze erhalten wollten.
Erschwerend bei dieser unerwarteten 'Rennfahrer- Nachwachsförderung , kam dann unglücklicherweise auch noch hinzu, daß die jungen Leute von sich aus ihre Auspufftöpfe ausräumten. Sie hatten nie etwas von der Weisheit des alten James Watt 'Krach ist nicht Kraft' gehört, und sie waren technisch meistens auch nicht so weit vorgebildet, um zu wissen, daß beim Zweitakter der Auspuff - Staudruck ein gewisses Steuerungselement ist, ohne den die Leistung hoffnungslos absinken muß. Der ideelle Schaden, den diese jungen 50-ccm-Fahrer bei ihren Rennen um Hausecken und erschreckte Straßenpassanten herum anrichteten, ist so schnell wahrscheinlich überhaupt nicht mehr gutzumachen.
Mit Beginn des Jahres 1957 entfielen dann endlich die befehdeten Gewichtsbeschränkungen, während auf der anderen Seite die enge Verwandtschaft zum Fahrrad durch Festlegung der Höchstgeschwindigkeit auf 40 km/h unterstrichen wurde. Später, nachdem auch die ursprünglich vorgeschriebenen fahrradmäßigen Radgrößen in Fortfall gekommen waren, fiel man behördlicherseits bedauerlicherweise auch gleich wieder ins andere Extrem, als man diesem neuen Mopedtyp die Sozius- oder Sozia-Reife bescheinigte. 
Das war eine unglückliche Maßnahme, denn diese Reife ist nach Ansicht alter Fachleute hier nicht hundertprozentig gegeben, denn ein Einspurfahrer auf einem so leichten Gefährt, der einen Mitfahrer (auch nur) von etwa gleichem Körpergewicht durch die Gegend oder den Stadtverkehr schlenkert, gefährdet sich selbst, den Sozius oder die Sozia und andere, wenn seine Füße auf den nachgebenden Pedalen keinen sicheren und festen Halt haben.
Nach der Änderung der Straßenverkehrszulassungsordnung vom l. August 1960 konnte auf der IFMA des gleichen Jahres eine vö11ig neue Fahrzeugkategorie gezeigt werden. Sie wurde vom Gesetzgeber als "Kleinkraftrad mit einem Hubraum des Motors von nicht mehr als 50 ccm und einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 40 km/h und den dauerabgeblendeten Scheinwerfer" gekennzeichnet. Auf den ersten Blick mußte das ganz nach einer neuen - aber nichts Neues bringenden - Definition des klassischen Mopeds aussehen. 

Das war es glücklicherweise nicht, denn die für das Moped vorgeschriebenen Pedale waren hier unter den Tisch gefallen und durch zuverlässig sichere Fußraster ersetzt worden. Der ebenfalls für das klassische Moped vorgeschriebene Mindestdurchmesser des Hinterrades von 580 mm war gestrichen. Das erlaubte immerhin den Einbau noch weicherer und langhubigerer Federungen und damit eine wesentliche Aufstockung des Fahrkomforts. Der Schwerpunkt verlagerte sich nach unten; vor allem hatten die neuen Mokicks jetzt einen völlig motorradmäßigen Kickstarter. 

Bei der Aufstellung dieser Mokick-Parade haben wir weitaus weniger Mühe als früher bei den bekannten 'hobby' - Moped - Paraden gehabt. Damals bauten bei uns rund 50 Werke etwa 150 Mopedtypen, wobei man sehr genau unterscheiden mußte, daß der Typ X der Firma Y entweder mit einer oder zwei Ketten, weiter mit einem Gang, mit zweien oder dreien geliefert wurde. Wie es etwa von 1955 an in Schwung kam, ist man jetzt unter dem verschärften Wettbewerb bei den Moped- und Mokick-bauenden Firmen zu dem immer schon sehr nützlichen Baukastenprinzip übergegangen, so daß also die Firmen zumeist einen Moped-Typ bauen, der maschinell und fahrgestellmäßig völlig unverändert auf die neue Mokick-Tour umgelegt werden kann.
Noch am Band wird mit wenigen Handgriffen vom Pedal - Moped auf Fußraster - Kickstarter-Mokick umgeschaltet. Und am gleichen Band wird dann auch ohne großen technischen und arbeitsmäßigen Aufwand das Mokick auf reine Fahrtwind - oder auf Gebläsekühlung hergerichtet.

Die Unterschiede in der Gangzahl sind beim Mokick ausgeräumt worden, denn praktisch alle ernstzunehmenden Firmen haben sich heute auf drei Gänge eingestellt. Ein sehr bedeutendes deutsches Werk, das bei seinen Mopeds und Mokicks vorübergehend ein Viergang - Getriebe verwendete, hat sich mittlerweile von dieser Extravaganz wieder zurückgezogen.

Verkaufsbarometer der Zweiradindustrie
\
1959
1960
1.Quart. 1961
Fahrräder
1.604.319
1.675.491
438.000
Mopeds
406.563
407.307
46.783
Mokicks
-
18.368
24.200
Motorräder
43.171
89.194
35.840
Motorroller
67.120
72.844
15.254
Summe
2.121.173
2.263.204
560.077

Übericht in Deutschland produzierter Mokicks

Firma Typ Motor PS
u/min
Rahmen Tank
ltr.
Reifen Gewicht
kg
Preis
Gebläse
Preis
Fahrtwind
Dürkopp Dianette Dürkopp 2,0/4500 Preß 7 23x2.5
21x2,75
65 - 875,-
Goebel GS 8
GS 8 L
Sachs 1,8/4500 Preß 7 21x2,75 60 -
944,-
915,-
-
Göricke 343 K
345 K
Sachs 1,8/4500 Preß 7
11
21x2,75 66 -
940,-
920,-
-
Gritzner - Kayser i.V. - - - - - - - -
Hercules 220 MK
220 MKL
Sachs 1,8/4500 Preß 8,5 23x2,5
21x2,75
66
67
-
908,-
888,-
-
Kreidler Florett Kreidler 2,0/4000 Preß 9,2 23x2,50 70 916,- -
Maico i.V. - - - - - - - -
NSU TTK NSU 2,0/5000 Rohr 11,8 v:23x2,25
h:23x2,50
70 - 878,-
Panther M 60 Sachs 1,8/4500 Rohr 10 21x2,75 70 935,- 905,-
Rabeneick Starkick Sachs 1,8/4500 Preß 8,5 21x2,75 66 940,- 920,-
Rex Riva Rex 1,5/4500 Preß 10 21x2,75 68 - 935,-
Rixe Derby B Sachs 1,8/4500 Rohr 7,5 21x2,75 75 933,- -
Staiger Feuervogel IV Sachs 1,8/4500 Preß 8,5 21x2,75 62 950,- -
Zündapp Sport - Combinette Zündapp 2,6/4500 Rohr 11,5 21x2,75 74 978,- 958,-
Zweirad - Union DKW Hummel Super
DKW Hummel 115
ZU 2,0/4950 Preß 5,8
6,2
23x2,50
20x2,75
65
78
910,-
998,-
-
-
Zweirad - Union Expreß - Carino
Expreß - Super
ZU 2,0/4950 Preß 8,4
6,3
23x2,50 70
65
920,-
910,-
-
-
Zweirad Union Victoria Avanti
Vicky Super
Victoria 115
ZU 2,0/4950 Preß 8,4
6,3
6,2
23x2,50
"
20x2,75
70
65
78
920,-
910,-
998,-
-
-
-

 
Für eine Extravaganz hielt man es auch, als die Zweirad - Union A.G., in der seit rund zweieinhalb Jahren die seit eh und je berühmten Marken DKW, Expreß und Victoria zusammengeschlossen sind, ihre 50 ccm - Fahrzeuge teilweise - also die Victoria Avanti, die Victoria 115, die DKW Sport - Violetta, die DKW Hummel 115 und die Expreß - Carino - mit Fußschaltung ausrüstete. Inzwischen hat sich gezeigt, daß dieses Schaltsystem gerade bei den Leuten gut ankam, die früher Motorrad fuhren, heute einen Wagen und daneben ein möglichst wendiges und wirtschaftliches Zweitfahrzeug für den schnellen Stadtverkehr wünschen.
Auch bei anderen, die mit der Drehgriffschaltung nie völlig zufrieden gewesen sind, hat man sich über die ernsthaft motorradmäßige Fußschaltung gefreut. Die deutschen Moped- und Mokick - Firmen sind, soweit sie heute noch produzieren, mit den Füßen auf dem Boden geblieben und haben PS - mäßig nichts übertourt. Aber das eine oder andere Werk spricht in seinen Prospekten neuerdings von einer "Startleistung", um sich wenigstens auf dem Papier vor der Konkurrenz ein wenig in den Vordergrund zu schieben. "Startleistung" aber ist ein Begriff, der sich in keiner DIN - Norm oder TÜV - Bestimmung findet und dem im praktischen Fahrbetrieb nichts anzufangen ist. Ein noch kalter Zweitakt-Motor jubelt naheliegenderweise schnell hoch, er fällt dann beim ersten Wärmerwerden aber leistungsmäßig wieder auf die Werte ab, von denen der Fahrer auf die Dauer seinen Nutzen hat.

Autor: Hans Günther Wolf
Quellenangabe: Bilder und Text dieses Artikeles entstammen der Zeitschrift "Hobby", Ausgabe 06 / 1961. Der Artikel wurde redaktionell leicht überarbeitet.
 

Erstellt: 16.04.2001
Stand: 08.05.2005
Bilder: Archiv
© Copyright 2001, 2002 : Hobby / Seitengestaltung: Frank Stegemann